Nach dem TSV Marl-Hüls ist die Hasseler Abmeldung bereits die zweite der laufenden Saison - und das nach erst zwölf Spieltagen. Wir haben uns mal in der Liga umgehört, was die Konkurrenz über solche Rückzüge denkt.
Volker Brehm (Erster Vorsitzender des FC Brünninghausen): "Wir Vereine und Ehrenamtler versuchen den sozialen Frieden der Amateurvereine aufrechtzuerhalten. Leider stoßen wir da an unsere Grenzen. Wer soll sich denn von den Ehrenamtlern im Finanz,- Steuer,- oder Arbeitsrecht auskennen? Das wird aber in der Oberliga zum Teil schon gefordert. Da kommt es eben so, dass sich Vereine verkalkulieren, weil sie sich in der Materie nicht auskennen. Ich würde mir da von der Verbandsseite mehr Unterstützung wünschen. Ein anderes Thema ist natürlich auch akut. Denn die Gier nach Geld wird im Fußball leider immer größer. Das fängt ja bei den astronomischen Ablösesummen und Gehältern im Profibereich an und zieht sich runter bis in die Amateurklassen. Da kann ein Oberligaspieler mit Steuern, Krankenkasse und anderen Abgaben schon 2000 Euro im Monat kosten. Wo sind wir da hingekommen? Das ist eine traurige und dramatische Entwicklung. Ich lege mich fest und muss leider sagen, dass das mit Sicherheit nicht die letzte Abmeldung in der Oberliga war. Viele Vereine stoßen einfach an ihre Grenzen."
Joachim Krug (Manager von Rot Weiss Ahlen): "Die Liga wird langsam zu einer Farce. Jeder Klub hat nun zwei Heimspiele weniger. Diese hatte jeder Verein in seinem Etat eingeplant. In der Oberliga sind solche Einnahmen nicht zu unterschätzen. Und auch sportlich, finde ich, dass die Saison entwertet wird. Jeder stellt sich auf 34 Spieltage ein und plötzlich sind es 30. Da braucht sich beispielsweise auch der SV Lippstadt, der gegen Hassel verloren hat, nicht zu freuen, dass das Ergebnis annulliert wird. Ich finde, dass diese Rückzüge ein Unding sind und der DFB die Oberligisten besser kontrollieren sollte. Jeder Verein sollte dem Verband vor der Saison vorlegen müssen, wie man die Spielzeit durchfinanzieren will - schwarz auf weiß!"
Samir Habibovic (Sportlicher Leiter des ASC Dortmund): "Es ist für beide Vereine sehr schade. Wobei man gar nicht weiß, wie es mit dem TSV Marl-Hüls weiter geht. Ich glaube, dass Hassel nächstes Jahr in der Westfalenliga spielen will. Bei diesem Vorhaben drücke ich dem Verein die Daumen. Ich bin ein bisschen darüber verwundert, wenn sich jetzt Leute melden und sich von diesem Rückzug überrascht zeigen. Denn das war eigentlich schon vor der Saison zu prognostizieren. Vielleicht wäre es im Endeffekt besser gewesen, wenn Hassel noch vor dem Saisonstart zurückgezogen hätte, dann wäre beispielsweise Neuenkirchen dringeblieben. Aber wie es um den Verein stand und steht, weiß niemand, außer die involvierten Personen. Dass wir durch die Rückzüge zwei Heimspiele weniger haben, ist sehr ärgerlich. Wir haben fast immer 400, 500 Zuschauer bei unseren Heimspielen, da geht uns einiges an Geld verloren."
Christian Knappmann (Trainer von Westfalia Herne): "Der TSV Marl-Hüls war sportlich auf einem vorbildlichen Weg. Dass ein Geldgeber nach der Steueraffäre aus der jüngeren Vergangenheit die Lust verliert ist ärgerlich - gleichzeitig aber auch verständlich. Wie bei vielen Vereinen spielen der Idealismus und das Herzblut eines einzigen Gönners eine tragende Rolle. Das birgt aber auch Gefahren. Der Rückzug des SC Hassel kommt für mich nicht überraschend. Alle Anzeichen deuteten zum Ende der vergangenen Saison schon daraufhin, dass es sowohl sportlich als auch finanziell in einem Fiasko endet. Ich wehre mich dagegen, andere für solche Dinge verantwortlich zu machen, sprich Verband, DFB, Profivereine und deren Spielansetzungen. Jeder Verein muss seriös wirtschaften und das Interesse haben sich breit aufzustellen. Aber ich kehre gerne vor der eigenen Haustür. Auch wir müssen uns entwickeln und bei vielen Sponsoren das Interesse wecken, damit wir unseren Etat auf viele Schultern verteilen können. Auch da haben wir Verbesserungspotential. Vorbildlich ist für mich hier TuS Haltern: sportlich ambitioniert und marketing-technisch hoch professionell."
Dirk Brökelmann (Sportlicher Leiter des SV Lippstadt): "Auch wenn wir gemeinsam mit dem TuS Haltern zu den zwei Vereinen gehören, die gegen Hassel Punkte gelassen haben, können wir uns über den Rückzug nicht freuen. Denn ich will gar nicht wissen, was in Marl-Hüls und Hassel schiefgelaufen ist. Das steht mir nicht zu. Vielmehr sollten uns dies Rückzüge zum allgemeinen Nachdenken anregen. Die aktuelle Situation ist alarmierend für den Amteurfußball. Der Profifußball ist eine große Bedrohung für die Amateure. Ich erkläre auch warum: Früher war der Sonntag den Amateuren vorbehalten. Heute mache ich um 13 Uhr den Fernseher an und schon kann ich die Bundesliga und die 2. Bundesliga bis in die Abendstunfen verfolgen. Diese Situation ist für viele Amateure existenzbedrohend. Auch wenn das nur ein Bruchteil des Problems ist, ist es ein gravierender Teil des ganzen Problems."